3 Jahre PROFORE – Rück- und Ausblick

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Im September 2022 gab es einen neuen Eintrag im Handelsregister: PROFORE Gesellschaft für Zukunft mbH, eine hundertprozentige Tochter der Kai Gondlach GmbH. Kurz darauf erhielt auch das Markenregister Zuwachs durch die Wort-Bildmarke, unser Logo.

In diesem Beitrag blicke ich – PROFORE-Gründer Kai Gondlach – zurück und voraus. So wie immer.

Rückblick: Die Entstehung von PROFORE

Im Sommer 2022 verlor die Corona-Pandemie allmählich ihren Schrecken. Es fanden wieder mehr Veranstaltungen statt, die Menschen waren zwar noch vorsichtig, freuten sich aber in Summe darüber, dass zumindest ein Teil ihrer gewohnten Wege nun wieder möglich waren. Gleichzeitig hatte wenige Monate zuvor der russische Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen. Aus Sicht der deutschen Wirtschaft und Verwaltung wurde das eine Übel unmittelbar von einem anderen abgelöst.

Je mehr Veranstaltungen ich wieder besuchen und durch Vorträge auf die Zukunft vorbereiten durfte, umso häufiger hörte ich Sätze wie „das haben wir alles nicht kommen sehen“, „wir waren schlecht vorbereitet“, „wie können wir als Organisation lernen, wie Sie als Zukunftsforscher denken?“. Dabei verdichtete sich mein Eindruck, dass die Welt zwar wirklich kein weiteres Zukunftsinstitut braucht; vielleicht aber eine Anlaufstelle, um sich selbst in Fragen der strategischen Vorausschau (Foresight) fortzubilden. Einen Zukunftsbeschleuniger? Einen Zukünfte-Katalysator? Eine Akademie?

Tippings Points der Gründung

Eigentlich startete ich meine Selbstständigkeit 2019 mit der klaren Vision, ein neues, irgendwie anderes Institut für Zukunftsforschung und Foresight zu gründen. Obwohl ich selbst mehrfach auf eine mögliche Pandemie hingewiesen hatte, fehlte mir natürlich das nötige Kleingeld, um dies trotz Corona umsetzen zu können. Statt der Gründung fing ich also erst einmal an, Bücher zu entwickeln – zunächst „Arbeitswelt und KI 2030“ mit Dr. Inka Knappertsbusch, was dann bald auch ins Englische übersetzt wurde (von uns). Darauf folgten „KI jetzt!“ und die Trilogie „Regenerative Zukünfte und künstliche Intelligenz“, dessen dritter Teil mit reichlich Verspätung 2026 endlich erscheinen wird. Parallel startete ich meinen Podcast „Im Hier und Morgen“, der inzwischen Übermorgen.funk heißt, gab dutzende Interviews über meine Themen und wehrte mich immer wieder gegen die Inszenierung als Prophet. Mein ambivalentes Verhältnis zu den Medien zeigt sich nicht zuletzt durch einen Eintrag auf der Blacklist des A. Springer Verlagshauses.

Wie dem auch sei; trotz all dieser Turbulenzen und Aktivitäten ließ mich der Gedanke einer eigenen Firma nicht los. Es gab zwei Tipping Points, die die Gründung von PROFORE im Wesentlichen besiegelt haben.

Erster Tipping Point: NRW-Justizminister braucht Foresight

Der erste Tropfen, der das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen brachte, war ein Gespräch mit dem damaligen Justizminister Nordrhein-Westfalens, Peter Biesenbach. Im Februar 2022 durfte ich eine Keynote bei einer Führungskräftetagung über die möglichen Gefahren vor allem digitaler Technologien halten. Eine zentrale Frage, die ich – wohlgemerkt als Nicht-Jurist – behandeln sollte: Welche Anforderungen müssen juristische Fach- und Führungskräfte in zehn Jahren erfüllen? In welcher Welt werden sie leben? Der Hintergrund: Auf dieser Tagung sollten die Grundzüge der neuen Ausbildungs- und Studienpläne beschlossen werden! Kurzum: Nach meiner Keynote kam Justizminister a. D. Herr Biesenbach direkt auf mich zu, bedankte sich für die Impulse und stellte im Kern die Frage: „Wie kann mein Ministerium selbst besser darin werden, die Auswirkungen von KI, Metaverse oder Krypto zu antizipieren??“ Wir diskutierten eine Viertelstunde am Rande der Veranstaltung … inzwischen ging diese schon weiter … und das Ergebnis des Austauschs war: Es gibt noch keine vernünftige Antwort auf seine Frage.

Ich beschloss, meine nicht ganz neue Idee zur Gründung einer eigenen Firma wieder aufzunehmen und begann mit der Planung dessen, was jetzt und in naher Zukunft mit PROFORE verbunden wird. Konkret fragte ich meinen Steuerberater, wie man eigentlich eine Firma gründet, und beauftragte ihn recht bald mit den Vorbereitungen.

Zweiter Tipping Point: Beauftragung von Oerlikon

Der finale Tropfen, der im bereits überlaufenden Fass fehlte, kam Ende Juli 2022 dazu. Ein alter Bekannter rief mich auf dem Handy an, mit dem ich zu seinen Siemens- und meinen Thinktank-Zeiten eine Trendstudie über die Zukunft des deutschen Mittelstands erarbeitet habe. Inzwischen war er zu OC Oerlikon gewechselt. Sein Anliegen bzw. der Wunsch des Chairmans: Ein fundierter Trendreport über Metall 3D-Druck (additive Fertigung).

Ob ich dafür geeignet und verfügbar wäre? Natürlich!
Ob ich das auch in drei Monaten schaffe, um die Ergebnisse auf der AMTC im November vorzustellen? Eieiei… na gut, aber dann schaffe ich weniger Interviews.
Wie heißt eigentlich mein Institut? Ach ja, da war ja was. Das gab es noch gar nicht. Macht aber aus Haftungssicht schon Sinn…

Wieder rief ich meinen Steuerberater an. Wenige Tage später hatten wir alle Gründungsdokumente vorbereitet, das Gründungskapital allokiert und schon fand ich mich beim Notar wieder. Den Oerlikon-Trendreport mit dem Titel „Craft 5.0: The Futures of Metal Additive Manufacturing 2030“ veröffentlichte ich bereits als GmbH.

Behind the scenes: Kurz nach der „Geburt“ des Instituts erhielt ich die frohe Botschaft einer anderen, bevorstehenden Geburt – dieses Mal aber ohne Notar, dafür mit viel Nestbau, Vorfreude und einer Prise Panik. Inzwischen ist mein Sohn zwei Jahre und ein paar Monate alt, ist gesund und fällt nur noch ganz selten beim Laufen. Eine schöne Analogie zu PROFORE.

Rückblick: The first three years

Aller Anfang ist schwer. Bald nach der Gründung zeichnete sich ab, dass ich nicht nur keine Ahnung von der Führung eines Unternehmens hatte, sondern auch mehr Geld brauchte, um die wichtigsten Geschäftsbereiche aufzubauen. Das Ziel für 2023 war es daher, mit einem überschaubaren Darlehen eine Vollzeitstelle im Business Development und Marketing zu besetzen, die ersten großen Schritte in Richtung Foresight-Akademie zu gehen und nebenher ein paar Projekte zu stemmen.

Der Plan klang gut und bis ins dritte Quartal lief auch alles nach genau diesem Plan. Ich führte viele Gespräche mit Interessierten, die uns für Studien und Beratung beauftragen wollten. Doch mit jeder gesenkten Konjunkturerwartung der Wirtschaftsforschungsinstitute und jedem weiteren (geo-)politischen Schock sagte ein weiterer Kunde ab. Wie beim Domino Day, nur nicht so freudig. Also schmälerte sich unsere Gewinnerwartung von einem nennenswert sechsstelligen Betrag auf „sollte reichen“. Im Ergebnis halbierte sich das Team Ende 2023 leider wieder. Ich persönlich hatte also gleich doppelt Existenzangst: Einmal um die Firma und dann um den inzwischen knapp Halbjährigen, der uns zuhause neben unendlicher Glücksgefühle natürlich auch die üblichen Elternängste gelehrt hat.

From Zero to One

Doch der Richtungswechsel ließ nicht lang auf sich warten. Es war natürlich nicht alles umsonst, was an Gesprächen und Maßnahmen gelaufen war. Und so lief das Projektgeschäft zum Jahreswechsel wieder großartig an, die engere Verzahnung mit der Speaker Agentur Athenas war eine nachhaltig lohnenswerte Entscheidung und auch andere Allianzen erwiesen sich schnell als der richtige Weg.

Inzwischen hatte ich einige hundert Gespräche mit Foresight-Menschen geführt, die ich für die Mitarbeit an einer entstehenden Akademie erwärmen wollte. Alle waren (und sind) begeistert. Auf der anderen Seite wächst die Warteliste für die Akademie stetig und wir haben die ad hoc Angebote wie die Foresight Masterclasses ausgebaut. Last but not least erkennen jetzt immer mehr Stakeholder, was ich von Anfang an mit dem Attribut „dezentrales Institut“ meine: Die Partnerschaften, das dezentrale Team. Wir kommen mit der Website-Pflege gar nicht hinterher, weil die Dynamik eines agilen Ökosystems auch ohne Landingpage funktioniert.

Dezentralität zahlt sich (langsam) aus

Der Kerngedanke der PROFORE-Dezentralität ist: PROFORE selbst ist nur einer von vielen Touchpoints im diffusen Umfeld von Zukunft und Zukünften. Aus Sicht unserer Auftraggeber sind wir die richtigen Ansprechpartner für Impulse (Keynotes), Problembeschreibung (Trendreport) oder Identifikation möglicher Handlungsräume (Studie / Szenarien). Später kommt dann noch die Kannibalisierung des eigenen Geschäftsmodells hinzu (Akademie). Dieser Aktionsradius ist schon recht groß, grenzt daher an diverse Felder an. Dazu gehören unter anderem: Change- und Innovationsmanagement, Strategie- und Organisationsentwicklung – aber auch KI-Projekte, Business Model Innovation oder agiles Management. Aus all diesen Bereichen haben wir Partner und assoziierte Externe. Wir gehen gemeinsam in Projekte oder empfehlen einander weiter.

Mit anderen Worten: 2024 und 2025 liefen großartig. Allerdings auch langsamer als erhofft; die nach wie vor schwächelnde Konjunktur wirkt sich logischerweise auf unser Geschäft aus, was den Aufbau der mittelfristigen Themen (Stichwort Akademie) ausbremst. Doch vieles konnte sortiert werden, um stabil in 2026 zu starten und endlich den Startschuss für die Akademie bekanntzugeben.

Ausblick 2026+

Neben dem operativen Geschäft waren die letzten Jahre auch dadurch gekennzeichnet, dass ich als Gründer den Zehn-Jahres-Plan aufgleisen musste. Wie geht das in turbulenten VUCA- und BANI-Zeiten? Eigentlich gar nicht, könnte man meinen. Doch! Es geht, wenn man nicht in starren Strukturen denkt, sondern in agilen Netzwerken und Ökosystemen. Allein für mein Lebensprojekt, die PROFORE Akademie, gibt es sieben primäre Stakeholder-Gruppen. Alle sind inzwischen in Stellung gebracht, warten auf den Kickoff. Beim Schreiben dieser Zeilen habe ich ein bisschen Gänsehaut.

Die vier größten und für die Außenwelt wichtigsten Geschäftsfelder und ihre Ziele lauten wie folgt:

  1. Für die Future Akademie ist alles in Stellung gebracht. Die Warteliste ist der richtige Ort für alle, die zeitnah mehr erfahren möchten. Die wichtigsten Ziele: E-Learning starten, Kickoff Tagung durchführen und alle Beteiligten auf den Zukunftskurs einnorden.
  2. Das Keynote-Geschäft läuft unverändert weiter und wie gehabt vor allem unter der „Personenmarke“ Kai Gondlach.
  3. Die Zusammenarbeit mit Holism und ITONICS wird intensiviert – dasselbe gilt für das Beratungsmandat für das Fraunhofer ISI-L. Diese sind für alle Forschungs- und Beratungsthemen zentral.
  4. Der Online-Shop baut sein Angebot aus – spätestens Anfang 2026 erscheint das nächste Whitepaper. Das neue Buch „Wachstum mit Wurzeln“ erscheint im November und wird dann auch als signiertes Exemplar verfügbar sein.

Derweil wird unser kleines Kernteam sich auch verändern und schon bald weiter wachsen. Bis hierher bin ich sehr dankbar und glücklich, dass trotz der Engpässe und Herausforderungen die Prognose sehr positiv ist. Ich bin jetzt schon gespannt, wie sich dieser Magazin-Beitrag in zwei oder drei Jahren liest.

Foto von Suzanne D. Williams auf Unsplash